Linux im Alltag

Am 30. April war „Linux Presentation Day“ in 70 deutschen Städten und in insgesamt mehr als 130 Städten in zehn europäischen Ländern. Und meine charmante Stadt am Fluss war dabei 😉 Nachdem ich Wolf Dieter Zimmermann (Netzwerk-Bildung) während unserer Akademietagung der EKiR zu OER im letzten Herbst kennengelernt hatte, meldete ich mich für diesen LPD zur Famulatur an. In den Räumen der VHS (die das WLAN im Forum nicht repariert bekommt) und in Kooperation mit dem Medienkompetenzzentrum und dem Netzwerk-Bildung gab es drei Stationen: Die erste informierte allgemein über Linux und die Standardanwendungen, die keinen Vergleich mit Micro….-Produkten scheuen müssen; der zweite zeigte die Installation des Betriebssystems und die dritte einen sicheren und verantwortlichen Umgang mit den eigenen Daten im Internetz.

Es waren wohl nicht so viele Besucherinnen und Besucher dabei, wie im Herbst 2015, aber nachdenklich stimmt es doch: Nur für diesen LPD betrachtet, ist der Linux-Interessierte männlich und pensioniert (Sorry, ich tue natürlich Unrecht, weil ich keine exakte Statistik geführt habe – natürlich gab es auch jüngere Menschen und sogar Frauen 😉  ). Solche Beobachtung lädt zum Spekulieren ein: Trennen sich die Senioren ungern von ihren liebgewordenen Rechner-Schätzchen? Oder sind es die, die damals schon auf den ersten Rechnern Gehversuche machten, bevor Familie und Beruf sie sich auf anderes konzentrieren liess? Oder ist es schlicht der Gedanke, dass die Produktzyklen von Rechnern und Software entschleunigt werden müssen und man ohnehin lieber teilt, weil schon alles da ist? Darauf gibt es wohl keine abschließende Antwort. Was aber auch zu spüren ist: Über die Generationen hinweg gibt es ein gemeinsames Interesse, das Thema „offene Software“ anzugehen, ohne Nerd sein zu müssen.

Und dann sitzen wir da, warten auf Interessierte, denen wir die Linux-Welt vorstellen können und geraten untereinander ins Plaudern: „Was Du bist  … – ich auch!“ Und wir tauschen Tipps und Tricks aus: Der eine kennt einige nützliche Terminalbefehle, der andere kennt einen Trick in der Bildbearbeitung „Gimp“, der grandiose Dinge aus alten Photos herausholt und der nächste offenbart, dass es auch unter Nerds nicht vollkommen verschrieen ist, „WINE“ einzusetzen, um doch noch ein paar alte Micro-Krücken ans Laufen zu bringen. Und dann zwischendurch noch eine denkbare Erklärung, warum Desktop-PCs, die schon eine Fenster-Version installtiert haben, möglicherweise günstiger sind, als „nackte“ PCs. Einig sind wir uns: freie und offene Software ist ein gute Idee, bringt erhebliche Sicherheitsvorteile, erspart aber niemandem selber zu denken. (Wie ich meinen Schülerinnen und Schülern immer sage: „Selber denken macht klug.“)

Anfangs wurde geraunt, der Oberbürgermeister würde sich blicken lassen. Aber bis zu meiner Abfahrt tat er das nicht. In hoffnungsvoller Erwartung wurde zwischendurch geträumt, wie die Weltstadt mit „Mü“ am Anfang von der anderen Weltstadt mit gleichem Beginn lernen könne, die ihre Verwaltung schon komplett auf Linux umgestellt hat. Vielleicht muss da auch unser OB noch von seinen Beratern etwas besser informiert werden…

Alles in allem eine gelungene Sache: Manche Frage geklärt, so manches ältere Desktop-Gerät (hoffentlich) weiterhin funktionsfähig, deswegen ein bisschen an der Nachhaltigkeit mitgewirkt und fleissig am Netzwerk (dem menschlichen) gewerkelt. Festzuhalten ist: Auch Linux-Nutzer sind Menschen und freundliche zumal! ;-))

CC BY-SA 4.0 Linux im Alltag von Frank Wessel ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

2 Gedanken zu „Linux im Alltag

  1. Nachtrag: Wolf Dieter Zimmermann hatte unter den BesucherInnen einen Fragebogen ausgeteilt. Daraus wird deutlich, dass die meisten BesucherInnen von dieser Veranstaltung erfuhren weil sie irgendwie im Kommunikationsdunst von Wolf Dieter und der VHS sind. Ausserdem interessiert sich die Mehrheit dafür, ein sichers Betriebssystem kennzulernen und/oder ein älteres Gerät weiter nutzen zu können. Dahinter steht auch die Hoffnung, von einem (bzw. zwei) großen Konzernen unabhängig zu werden.

  2. Noch ein Nachtrag: Am 4.5.2016 wurde dem Projekt „nachhaltige Nutzung auch älterer Laptops mit Linux und Freier Software“ in Mülheim an der Ruhr der
    RWE-Nachhaltigkeitspreis zugesprochen.

    Wolf Dieter Zimmermann dazu: „Unser wiederholter Erfolg am „Linux im Alltag“ – andernorts als LinuxPresentationDay (LPD) bekannt, zeigt ebenfalls, dass sich bei manchen die Einsicht durchsetzt, dass wir von Ressourcen zehren, die wir von den nächsten Generationen nehmen.“

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